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Informatik: Daten ressourceneffizient managen

10.11.2025

Seit vergangenem Herbst forscht Marcus Paradies an der LMU und ergänzt das Informatik-Portfolio der LMU um einen wichtigen Baustein.

Wie ertüchtigt man ein bestehendes Datenbanksystem, damit es auch große Mengen an Graph- oder Netzwerkdaten verarbeiten und speichern kann? Daten also, die in unserer vernetzten Welt immer wichtiger werden – sei es im Bereich Navigation oder in sozialen Netzwerken – und bei deren Beschreibung Beziehungen zwischen Objekten wissenschaftlich nüchtern als Netzwerke mit Kanten und Knoten definiert werden?

Mit der Speicherung und Verarbeitung solcher Graphdaten in Datenbanksystemen hat sich der Informatiker Professor Marcus Paradies im Rahmen seiner Doktorarbeit befasst, die er zwar an seiner Alma Mater, der Technischen Universität Dresden, eingereicht, aber in enger Zusammenarbeit mit dem Softwareunternehmen SAP in Walldorf angefertigt hat.

Porträt von Professor Paradies in hellblauem Hemd und dunklem Blazer vor beigem Hintergrund, professionelles Business-Foto.

Prof. Dr. Marcus Paradies | © privat

„Es ging dabei vor allem um die Speicherung und Verarbeitung von Netzwerkdaten aus dem Energiebereich. Ziel war es nicht nur, Software für ihre Integration in ein Hauptspeicher-Datenbanksystem zu entwickeln. Es ging vor allem darum, die Performanz, also die schnelle Verarbeitung großer Datensätze, zu ermöglichen“, erläutert Paradies.

Das gehe nur, wenn klar sei, wie die jeweils verwendete Hardware funktioniert, auf der solche Datenbanksysteme laufen. Man müsse wissen, so Paradies, was eine Hardware kann oder auch was sie nicht kann. „Entsprechend muss die Software entwickelt sein, um die Hardware möglichst gut auszunutzen und gleichzeitig sicherzustellen, dass sich die Nutzer nicht selbst darum kümmern müssen.“

Forschung soll praktischen Nutzen haben

Bei seiner Forschung liegt ihm viel an deren praktischem Nutzen. „Deswegen ist es wichtig, mit realen Anwendungsfällen und Daten aus Wirtschaft und Wissenschaft zu arbeiten, um auch die Praktikabilität der entwickelten Ansätze zu validieren.“

Bezüglich wissenschaftlicher Daten hofft Paradies in München und Umgebung auf vielfältige und im Fall der LMU auch fakultätsübergreifende Projekte. „Nahezu alle Wissenschaftsbereiche arbeiten heutzutage intensiv mit Daten – zum Beispiel die Medizin oder die Bioinformatik. Hier kann man gut anknüpfen, weil die Probleme zwar jeweils domänenspezifischer Art, aber aus meiner Informatikperspektive doch ähnlich sind“, so Paradies.

Management von Erdbeobachtungsdaten

Nach dem Abschluss seiner Promotion wechselte Paradies zum Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Jena. Hier arbeitete er vor allem mit großen Mengen an Erdbeobachtungsdaten. „Das Verständnis des Erdsystems ist sehr wichtig, und durch das ESA-Copernicus-Programm verfügen die Wissenschaftler dort über einen riesigen Pool hochaufgelöster Daten. Selbst wenn sie nur einen kleinen Aspekt bearbeiten, wie zum Beispiel die Rodungsaktivitäten im Amazonas untersuchen, haben sie es bereits mit riesigen Datenmengen zu tun, die sie ohne Unterstützung der Informatik nicht bewältigen können“, erläutert Paradies.

Auch bei der Modellierung von einzelnen Messdaten in der Ionosphärenforschung mit Blick auf eventuell bevorstehende Sonnenstürme kommt es auf die Expertise seines Teams an: „Wir wollen den Forschenden Tools zur Verfügung stellen, mit denen sie Modelle visuell und interaktiv inspizieren können, um sie – zum Beispiel bei Zeitreihen – miteinander vergleichen zu können.“

Zurück zur Forschung

Zuletzt war Paradies Leiter einer Abteilung beim DLR und für rund 50 Mitarbeitende zuständig. „Ich wollte aber vor allem akademisch arbeiten, forschen, was aufgrund des administrativen Aufwands als Leiter einer so großen Abteilung schwierig ist“, sagt er. Er bewarb sich bei der LMU in dem Wissen, dass Berufungsprozesse einige Zeit in Anspruch nehmen. So lehrte er vorübergehend für ein knappes Jahr an der Universität seines Heimatortes – der TU Ilmenau.

Schließlich erfolgte der Ruf an die LMU, aber die Zusammenarbeit mit dem DLR setzt er fort: Zusammen mit dem DLR-Institut für Robotik am Standort in Oberpfaffenhofen etwa forscht er zur Verwaltung von Telemetrie-Daten von Robotern.

„Hier arbeiten wir mit Zeitreihendaten, die dokumentieren, wie der Gesamtsystemzustand eines Roboters war, bevor er zum Beispiel eine Tasse fallen ließ. Dabei muss ich als Informatiker nicht zwangsweise verstehen, warum der Roboter einen Fehler gemacht hat, sondern die Werkzeuge bereitstellen, die die Domänenforschenden in die Lage versetzen, mit den Daten effektiv zu arbeiten und solche seltenen Fehler in einer großen Datenmenge zu finden und nachvollziehen zu können.“

Ressourceneffizienz im Blick

Neben dem Datenmanagement auf moderner Hardware interessiert sich Paradies dafür, wie sich Hardware im Hinblick auf die ökonomische Ressourceneffizienz optimal nutzen lässt. „Softwareentwicklung für die Cloud anstatt für lokale Server bietet eine Elastizität und damit ein Abrechnungsmodell, das flexibel auf die jeweils benötigten Rechen- und Speicherressourcen anpassbar ist. Dann bezahlt man nur für die Rechen- und Speicherressourcen, die man wirklich benötigt.“

Ein weiterer Bereich in Marcus Paradies’ wissenschaftlichem Portfolio betrifft das sogenannte Green Computing. Ziel ist, Software zu entwickeln, die nicht nur schnell, sondern auch energieeffizient arbeitet. „Gerade in der KI-Community herrschte bisher die Denkweise vor: Es kostet, was es kostet. Da KI-Modelle aber immer größer werden und entsprechend der Energiebedarf steigt, findet derzeit ein Umdenken statt: Software muss sich auf Performance einstellen, aber auch immer mehr Energiebedarf und Kosten berücksichtigen.“

Für die LMU hat sich Paradies entschieden, weil „sie sowohl in der angewandten als auch der grundlagenorientierten KI-Forschung sehr stark ist. Da sehe ich viel Anknüpfungspotenzial für zukünftige interdisziplinäre Forschungs- und Transferprojekte.“ Er ist sicher, mit seinem systemischen Ansatz eine gute Nische innerhalb einer starken LMU-Informatik gefunden zu haben. „Zudem gibt es, wie gesagt, viele Möglichkeiten, komplementär zu arbeiten und auch mit Fachwissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern sowie KI-Experten gemeinsame Projekte anzugehen.
„Hinzu kommt“, so Paradies, „dass München sich in den letzten Jahren als KI-Metropole in Europa etabliert hat und selbst weltweit zu den absoluten Top-Adressen im Bereich KI zählt. Es ist in jeder Hinsicht ein attraktiver Standort.“

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